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Diskurs

Mittwoch, 01.11.2017

Rat will "Extended Collective Licensing" EU-weit einführen

Die estnische Ratspräsidentschaft hat neue Kompromissvorschläge zum Richtlinienentwurf zum „Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ vorgelegt. Enthalten ist ein neuer Vorschlag zur Verantwortlichkeit von Online-Plattformen und zur Einführung einer „Extended Collective Licensing...

Die estnische Ratspräsidentschaft hat neue Kompromissvorschläge zum Richtlinienentwurf zum „Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ vorgelegt. Enthalten ist ein neuer Vorschlag zur Verantwortlichkeit von Online-Plattformen und zur Einführung einer „Extended Collective Licensing“.
Das interne Papier (13482/17) vom 30. Oktober 2017, das die österreichische Regierung im Rahmen der Informationsfreiheit veröffentlicht hat, soll auf der Sitzung der Arbeitsgruppe für geistiges Eigentum (Urheberrecht) am 6. und 7. November in Brüssel erörtert werden. Keine neuen Vorschläge gibt es zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger in ganz Europa (Artikel 11). Die beiden alternativen Optionen A und B aus den Kompromissvorschlägen der Ratspräsidentschaft vom 30. August 2017 (siehe News vom 31. August 2017) sind dem Papier erneut als Anlage beigefügt.
Einen neuen Vorschlag enthält das Papier allerdings in Bezug auf die Verantwortlichkeit von Online-Plattformen, auf denen User Inhalte wie Videoclips hochladen. Mit ihrem Vorschlag in Artikel 13 will die EU-Kommission erreichen, dass die Dienste Inhalte stärker auf Urheberrechtsverletzungen kontrollieren (Stichwort Upload-Filter) und Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern oder Verwertungsgesellschaften abschließen.
Die Bundesregierung hatte – wie auch Regierungen anderer EU-Mitgliedsstaaten – in diesem Zusammenhang die Rechtmäßigkeit von Upload-Filtern auf Online-Plattformen bezweifelt, vor allem in Bezug auf das Haftungsprivileg aus der E-Commerce-Richtlinie (siehe News vom 21. September 2017). Auf ihre diesbezüglichen Anfragen hatte der Juristische Dienst am 11. Oktober jedoch geantwortet, dass die Ratsjuristen die geplanten Maßnahmen im Prinzip für verträglich mit der EU-Grundrechtecharta halten. Allerdings ließen sie auch durchblicken, dass sie den Entwurf für zu mehrdeutig halten, um ihn vollständig bewerten zu können (siehe News vom 17. Oktober 2017). Dies versucht die estnische Ratspräsidentschaft nun mit dem neuen Vorschlag für Artikel 13 auszuräumen.
Interessante Verbesserungen für Urheber und darstellende Künstler enthält der Vorschlag in zwei Punkten. So wird in der sogenannten Transparenzpflicht in Artikel 14 die Auskunftspflicht über erfolgte Nutzungen von Werken dahingehend präzisiert, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollen, dass diese „rechtzeitigen, angemessenen und ausreichenden Informationen über die Verwertung ihrer Werke und Leistungen“ regelmäßig einmal im Jahr gegeben werden und auch Dritte, an die Lizenzen nachträglich übertragen wurden, diese Pflicht zu erfüllen haben.
Ein über den Richtlienvorschlag der EU-Kommission hinausgehender Vorschlag ist die europaweite Einführung einer „Kollektivlizenzierung mit erweiterter Wirkung“ in einem neuen Artikel 9a, die dem Modell der „Extended Collective Licensing“ in den skandinavischen Ländern entspricht. Hierbei kann eine Organisation zur kollektiven Rechtewahrnehmung (CMO) , also beispielsweise eine Verwertungsgesellschaft, eine kollektive Lizenzvereinbarung für die Verwertung von Werken oder Leistungen landesweit abschließen auch für Rechteinhaber, die nicht dieser CMO angeschlossen sind. Diese „Extended Collective Licensing“ soll ausdrücklich nicht auf die neue Regelung für vergriffene Werke (Artikel 7) beschränkt werden, sondern generell in der EU möglich werden.

Pressekontakt: info@urheber.info