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Diskurs

Donnerstag, 21.04.2016

BGH-Urteil: Keine pauschale Beteiligung von Verlagen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen. Das Urteil vom 21. April 2016 (Az.: I ZR 198/13 – Verlegeranteil) wurde vom I. Zivilsenat in Karlr...

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen. Das Urteil vom 21. April 2016 (Az.: I ZR 198/13 – Verlegeranteil) wurde vom I. Zivilsenat in Karlruhe nur kurz verkündet. Schriftlich liegt es noch nicht vor.
In dem Verfahren zum Verteilungsplan der VG Wort geht es um die Klage des wissenschaftlichen Autors Martin Vogel, die VG Wort sei nicht berechtigt, bei ihren Ausschüttungen an den Kläger einen Verlagsanteil zu berechnen. Das Oberlandesgericht München hatte der Klage im Oktober 2013 weitgehend stattgegeben (siehe News vom 23. Oktober 2013). Die Rechtsmittel beider Parteien Gegen diese Entscheidung hat der BGH zurückgewiesen.
Die VG Wort sei, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, „nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten.” Eine Verwertungsgesellschaft habe die Einnahmen aus der Wahrnehmung der ihr anvertrauten Rechte und Ansprüche ausschließlich an die Rechteinhaber auszuschütten und zwar in dem Verhältnis, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit sei es nicht zu vereinbaren, dass die VG Wort „den Verlegern einen pauschalen Anteil ihrer Einnahmen auszahlt, ohne darauf abzustellen, ob und inwieweit diese Einnahmen auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen.” Es sei nicht ersichtlich, dass die VG Wort „mit der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche tatsächlich Einnahmen in einem Umfang erzielt, der es rechtfertigt, regelmäßig die Hälfte der Verteilungssumme an die Verleger auszuschütten.”
Den Verlegern stünden weder dem Urheberrechtsgesetz noch dem Verlagsrecht eigene Rechte oder Ansprüche zu, argumentiert der BGH. „Die gesetzlichen Vergütungsansprüche für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes originär den Urhebern zu.” Sie würden von den Urhebern „den Verlegern jedenfalls nicht in einem Umfang wirksam abgetreten, der es rechtfertigen könnte, die Hälfte der Einnahmen an die Verlage auszuschütten.” Dagegen durfte die VG Wort – so der Bundesgerichtshof weiter – bestimmte Urheberorganisationen an ihren Einnahmen beteiligen, soweit die Autoren diesen Organisationen ihre bereits entstandenen gesetzlichen Vergütungsansprüche abgetreten hatten. Obwohl der BGH das Verfahren im Dezember 2014 ausgesetzt hatte (siehe News vom 19. Dezember 2014), um eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im sogenannten Reprobel-Verfahren abzuwarten, fehlt im BGH-Urteil offenbar ein Bezug auf das EU-Recht.
Die EuGH-Entscheidung, in der es unter anderem auch um die Verlagsbeteiligung an der Kopiervergütung ging, fiel im November 2015 (siehe News vom 12. November 2015) und schlug – nicht nur – in Deutschland hohe Wellen. Die Verwaltungsräte der VG Wort und der VG Bild-Kunst hatten nach Bewertung des Reprobel-Urteils des EuGH beschlossen, die Ausschüttungen an Verlage weiterhin auszusetzen. Außerdem wurde von den Verlagen kurzfristig eine Erklärung für einen Verjährungsverzicht für die bereits gezahlten Ausschüttungen des Jahres 2012 eingefordert (siehe News vom 30. November 2015). Da die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen, enthält sich die VG Wort einer Urteilsbewertung in ihrer Pressemitteilung . „Dessen ungeachtet zeigt sich bereits jetzt, dass eine angemessene Beteiligung von Urhebern und Verlagen an den Ausschüttungen der VG Wort nur möglich sein wird, wenn der Gesetzgeber schnellstmöglich tätig wird.”
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wertet das Urteil als schweren Schlag für die deutsche Verlagslandschaft und fordert gesetzliche Regelungen für die Verlagsbeteiligung. Den Verlagen drohten jetzt Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe an die Verwertungsgesellschaften. „Wir brauchen umgehend eine gesetzliche Korrektur der Entscheidungen von BGH und Europäischem Gerichtshof, sonst droht die Insolvenz etlicher kleiner und mittlerer Verlage“, sagte Börsenverein-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. „Wir verlassen uns deshalb auf die Zusagen von Bundesjustizminister Heiko Maas, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und EU-Kommissar Günter Oettinger. Sowohl im europäischen Recht als auch im deutschen Urheberrecht muss unverzüglich klargestellt werden, dass auch Verlage Rechteinhaber sind, denen ein Ausgleich für gesetzlich zulässige Nutzungen ihrer Werke zusteht.“

Pressekontakt: info@urheber.info