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Diskurs

Donnerstag, 12.11.2015

Reprobel-Verfahren: EuGH entscheidet über Verlagsbeteiligung

Im Verfahren Hewlett Packard ./. Reprobel, in dem es unter anderem um die Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen urheberrechtlichen Vergütungsansprüchen geht, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass zumindest die belgische Regelung zur Beteiligung von Verlagen an d...

Im Verfahren Hewlett Packard ./. Reprobel, in dem es unter anderem um die Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen urheberrechtlichen Vergütungsansprüchen geht, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass zumindest die belgische Regelung zur Beteiligung von Verlagen an der Gerätevergütung gegen die EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2001 verstößt.
Die EuGH-Entscheidung vom 12. November 2015 (RS: C-572/13) betrifft zwar die Rechtslage zur Gerätevergütung in Belgien, doch weil es auch die Frage der Beteiligung von Verlagen zum Gegenstand hat, hatte der Bundesgerichtshof im Dezember 2014 das Klageverfahren eines wissenschaftlichen Autors gegen den Verteilungsplan der VG Wort ausgesetzt, um zunächst die Entscheidung des EuGH abzuwarten (siehe News vom 19. Dezember 2014). Die VG Wort hatte wegen des Verfahrens im März 2015 beschlossen, die Ausschüttungen an Verlage bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszusetzen (siehe News vom 21. März 2015), die VG Bild-Kunst folgte ein paar Monate später (siehe News vom 20. Juli 2015).
Vorlagebeschluss des EuGH ist ein herber Schlag für die belgischen Verwertungsgesellschaften. Die belgischen urheberrechtlichen Gesetzesregelungen zur Gerätevergütung verstoßen gegen europäisches Recht, entschied der Gerichtshof. So müsse bei der Vergütung („gerechter Ausgleich“) danach unterschieden werden, ob die Vervielfältigung „von einem beliebigen Nutzer angefertigt wird oder von einer natürlichen Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke“. Auch gebe es im belgischen Urheberrecht Verstöße gegen die EU-Richtlinie bei der Einbeziehung von Vervielfältigungen von Notenblättern und durch die Kombination von „zwei Vergütungsformen“, und zwar „zum einen eine Pauschalvergütung, die vor dem Vervielfältigungsvorgang vom Hersteller, Importeur oder innergemeinschaftlichen Abnehmer von Geräten, mit denen geschützte Werke vervielfältigt werden können, zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Geräte auf nationalem Staatsgebiet in den Handel gebracht werden, entrichtet wird, und zum anderen eine anteilige, nach dem Vervielfältigungsvorgang zu entrichtende Vergütung, die lediglich als Einheitspreis, multipliziert mit der Zahl vorgenommener Vervielfältigungen, festgelegt und den natürlichen oder juristischen Personen auferlegt wird“.
Zur Verlegerbeteiligung stellt der EuGH fest, die Richtlinie 2001/29 stehe „nationalen Rechtsvorschriften ... entgegen, die es dem Mitgliedstaat gestatten, einen Teil des den Rechtsinhabern zustehenden gerechten Ausgleichs den Verlegern der von den Urhebern geschaffenen Werke zu gewähren, ohne dass die Verleger verpflichtet sind, die Urheber auch nur indirekt in den Genuss des ihnen vorenthaltenen Teils des Ausgleichs kommen zu lassen.“ Der EuGH folgt damit weitgehend seinem Generalanwalt Pedro Cruz Villalón. Er war in seinen Schlussanträgen vom 11. Juni 2015 zu dem Schluss gekommen, dass die Urheberrechtsrichtlinie nicht eine Beteiligung von Verlagen an den Reprografievergütungen entgegen steht, sofern die Erhebung und die Zahlung dieser Vergütung nicht zum Nachteil des den Urhebern erfolgt (siehe News vom 11. Juni 2015).
Da Verleger „nicht Inhaber des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 seien, entsteht ihnen kein Nachteil im Sinne der Ausnahme für Reprographie und der Ausnahme für Privatkopien heißt es dazu genauer im EuGH-Urteil (Rd.-Nr. 48). „Sie können daher keinen Ausgleich aufgrund dieser Ausnahmen erhalten, wenn dadurch den Inhabern des Vervielfältigungsrechts der gerechte Ausgleich, auf den sie aufgrund dieser Ausnahmen Anspruch haben, ganz oder teilweise entzogen wird.“
Wie das EuGH-Urteil nach der deutschen Rechtslage einzuschätzen ist und sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auswirkt, ist demnach schwierig einzuschätzen. Die VG Wort hat mitgeteilt, sie werde „die Entscheidung des EuGH gründlich analysieren und die sich aus dem Urteil ergebenden rechtlichen Konsequenzen prüfen.“ Im Rahmen der turnusgemäß Ende November 2015 stattfindenden Sitzungen werden sich die Gremien der Verwertungsgesellschaft über das weitere Vorgehen beraten.
In dem Revisionsverfahren beim BGH geht es um ein Urteil des Oberlandesgerichts München. Das OLG hatte im Klageverfahren eines wissenschaftlichen Autors im Oktober 2013 entschieden, die VG Wort sei nicht berechtigt, bei ihren Ausschüttungen an den Kläger Martin Vogel einen Verlagsanteil zu berechnen (siehe News vom 23. Oktober 2013). Nach Auffassung des OLG ist eine Verlagsbeteiligung davon abhängig, dass dem Verlag im Einzelfall entsprechende Rechte an den Werken des Autors abgetreten und diese Rechte bei der VG Wort eingebracht wurden.
Nach dem Urteil würde es maßgeblich darauf ankommen, was zwischen Autoren und Verlagen individuell vereinbart wird und wer die Rechte an einem bestimmten Text zuerst bei der VG Wort eingebracht hat. Eine pauschalierte Beteiligung von Verlegern nach festen Quoten, wie sie der Verteilungsplan der VG Wort seit jeher vorsieht, soll nach Auffassung des Gerichts demgegenüber unzulässig sein.

Pressekontakt: info@urheber.info