Diskurs
Freitag, 06.09.2019
Die Umsetzung der EU-Richtlinien zum Urheberrecht
Die Initiative Urheberrecht hat am 6. September 2019 zur Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie der EU Stellung genommen.
Nach ihrer Auffassung muss bei der Umsetzung der Richtlinie die „Strategie der Kommission für einen digitalen Binnenmarkt in Europa“ vom 6. Mai 2015 zu Grunde gelegt werden. Dort heißt es nämlich: „Das Urheberrecht ist die Grundlage für Europas Kulturindustrie und Kreativität“ und daraus folgt die Absicht der Kommission, „Maßnahmen zur Sicherung einer gerechten Vergütung für Urheber zu ergreifen“. Wir verweisen hier auch auf unsere erste Äußerung zur Umsetzung der Richtlinie vom 17. Juni 2019 (siehe News vom 17. Juni 2019).
Dieses Ziel verfolgt auch die Bundesregierung in ihrer Protokollerklärung zur Verabschiedung der Richtlinie im Rat. In deren Ziffer 3 wird ausgeführt: „Im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen die Künstlerinnen und Künstler, die Urheberinnen und Urheber, letztlich alle Kreative“ und, so im Folgenden, „die Durchsetzung der angemessene Vergütung der Urheber und ausübenden Künstler, deren Werke und Leistungen im Netz genutzt werden.“
In der Umsetzung der Richtlinie geht es jedoch nicht nur um die Sicherung der Existenzgrundlage der schöpferisch tätigen Menschen, der Urheberinnen und ausübenden Künstlerinnen.
Die Richtlinie eröffnet allen Beteiligten am kulturellen Leben und den Akteuren aus der Kulturwirtschaft eine Fülle von neuen Chancen: Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen erhalten erleichterten Zugang zu Werknutzungen und die Erhaltung des Kulturerbes wird gefördert.
Die Vermittlung von Werken über Plattformen aller Art wird auf eine neue, sichere Basis gestellt, Nutzer*innen werden praktisch von der Haftung für hochgeladene Werke befreit, Lizenzierungen werden erleichtert, auch durch die Einrichtung von Schiedsstellen und -verfahren.
Diese Chancen, die die Richtlinie eröffnet, gilt es jetzt im Umsetzungsprozess im Interesse aller Beteiligten nutzbar zu machen.
Aus unserer Sicht geht es vor allem um folgende Punkte:
- Wir unterstützen das Ziel, den Zugang zu gesetzlich erlaubten Nutzungen für Wissenschaft und Kultur zu erleichtern, soweit die legitimen Vergütungsansprüche der Urheber*innen gesichert bleiben; dazu gehört z.B. auch die Verbesserung des Zugangs zu vergriffenen Werken.
- Wir unterstützen die Einführung verbesserter Lizenzierungsverfahren, die den Erwerb von Nutzungsrechten für umfangreiche Werkkomplexe erleichtern, sofern die Verwaltung der Rechte in der Hand der Verwertungsgesellschaften liegt und individuelle Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben.
- Wir unterstützen die Einführung neuer Lizenzierungsverfahren für neuartige Werknutzungen (z.B. Video-Abrufdienste), um möglichst breiten Bevölkerungsschichten die Nutzung der Möglichkeiten, die die digitale Technologie bietet, umfangreich zu erschließen.
- Wir begrüßen den Paradigmenwechsel in der Plattformwirtschaft: Zukünftig sollen nicht mehr die individuellen User für den Rechteerwerb verantwortlich sein (und notfalls haften müssen), sondern die großen Plattformen sollen mit den Verwertungsgesellschaften bzw. Rechteinhabern Lizenzverträge abschließen. Filtersysteme, die seit langem im Einsatz sind, werden dann weitgehend überflüssig.
- Wir begrüßen auch die weitere Zusammenarbeit mit Verlegern, wo Erlöse aus Vergütungen für gesetzlich erlaubte Nutzungen sinnvoll in gemeinsamen Verwertungsgesellschaften verwaltet werden können. Diese Zusammenarbeit sollte sich zukünftig auch auf weitere Felder der Rechteverwertung erstrecken, wo eine derartige Zusammenarbeit für beide Seiten erforderlich und sinnvoll ist.
- Allerdings sind wir auch der Auffassung, dass gerade bei neuen Nutzungen von Werken auf Plattformen und durch neuartige Dienste eine faire Aufteilung der Vergütungen zwischen Urheber*innen und ausübenden Künstler*innen einerseits und Verlagen und Produzenten andererseits – notfalls auch durch Gesetzesänderungen – gewährleistet werden muss, um die oben zitierten Ziele der Richtlinie zu erreichen.
- In diesem Zusammenhang unterstützen wir die durch die Richtlinie erforderlichen Klarstellungen im deutschen Urhebervertragsrecht, die Lücken schließen werden, die nach der jüngsten Reform offengeblieben sind.
- Dem Zweck, Zugang zu erleichtern, dienen auch zahlreiche Vorschläge für Schlichtungen und auf konsensuale Lösungen zielende Institutionen. Sie müssen allerdings vereinfacht und vereinheitlicht werden, um die Verfahren zu erleichtern und abzukürzen und gleichzeitig möglichst Prozesse vor Gerichten zu vermeiden.
Insgesamt sind wir der Meinung, dass die Umsetzung der Richtlinie bei gutem Willen auf allen Seiten ihr Ziel erreichen wird: besseren und zukunftsfesten Zugang zu Werken im Internet schaffen und faire und einfache Vergütungslösungen zu finden für alle, die allein oder gemeinsam Werke schaffen und Leistungen erbringen, die digital verbreitet werden und möglichst vielen Nutzer*innen im In- und Ausland möglichst einfach und schnell zugänglich gemacht werden sollen.
Prof. Dr. Gerhard Pfennig
Sprecher der Initiative Urheberrecht
Pressekontakt: info@urheber.info
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