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Diskurs

Dienstag, 25.04.2017

EuGH: Streaming kann das EU-Urheberrecht verletzen

Wer Streaming nutzt, um Filme oder Fernsehsendungen aus illegale Quellen anzusehen, kann dabei unter Umständen Urheberrechte verletzen. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, in der es in erster Linie um den Verkauf von Multimedia-Abspielgeräten ...

Wer Streaming nutzt, um Filme oder Fernsehsendungen aus illegale Quellen anzusehen, kann dabei unter Umständen Urheberrechte verletzen. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, in der es in erster Linie um den Verkauf von Multimedia-Abspielgeräten geht, die ein solches Streaming ermöglichen.
Der EuGH hatte in einem Vorabentscheidungsverfahren aus den Niederlanden im Wesentlichen über zwei Fragen zu entscheiden: Fällt das Streaming von urheberrechtlichen Werken unter den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in der EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2001 (Artikel 3 der sogenannten InfoSoc-Direktive) und verstößt der Verkauf von Streaming-Boxen mit zusätzlich installierten Add-ons, die leichten Zugang zu Filmen und TV-Sendungen ermöglichen, gegen die EU-Richtlinie?
In seinem Urteil vom 26. April 2017 (Rechtssache C-527/15) kommt der Gerichtshof in Luxemburg zu einem Ergebnis, das viele überrascht hat, die bisher davon ausgingen, dass man durch Streaming – im Unterschied zum illegalen Filesharing – keine Urheberrechtsverletzung begehen kann, da es sich nur um „flüchtigen Kopien“ handele, die durch eine Ausnahme in Artikel 5 der EU-Urheberrechtsrichtlinie gedeckt sind. Und so galt das Streaming aus illegalen Quellen rechtlich zwar als Grauzone, aber bisher gab es keine Fälle, in denen Rechteinhaber erfolgreich gegen Nutzer solcher Angebote vorgegangen sind. Das könnte sich nach der EuGH-Entscheidung ändern. Für Nutzer von Streaming-Angeboten wie kinox.to oder movie4k.to könnte das bedeuten, dass sie künftig unter Berufung auf das Luxemburger Urteil von der Filmindustrie oder Fernsehsendern abgemahnt werden und Schadensersatz zahlen müssen.
Ausgangspunkt der EuGH-Vorabentscheidung ist ein Prozess in den Niederlanden, mit dem der Antipiraterieverband Stichting BREIN, ein Zusammenschluss von Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften aus der Unterhaltungsindustrie, versuchte, den Verkauf der vorkonfigurierte Streaming-Box „filmspeler“ zu stoppen. Sie ermöglicht den einfachen Zugriff auf viele Streaming-Quellen im Internet über den Fernseher – durch Erweiterungen (Add-ons) auch auf illegale Streamingseiten. Der Verkäufer Jack Frederik Wullems bewarb sein Angebot unter anderem mit der Aussage, das Streaming sei im Gegensatz zum Download klar erlaubt. Im Herbst 2015 entschied die Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht), den Europäischen Gerichtshof anzurufen, um die Auslegung des EU-Urheberrrechts in diesem Fall zu klären.
In seinem Urteil bestätigt der EuGH, dass der Verkauf von Multimedia-Abspielgeräten eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie ermöglicht. Dabei weist er auf seine Rechtsprechung hin, „wonach das Hauptziel der Richtlinie darin besteht, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen“, wie es in der EuGH-Pressemitteilung heißt. Dabei verweist der EuGH auf seine Grundsatzentscheidungen zu Hyperlinks von 2014 „Svensson“ (siehe News vom 13. Februar 2014) und 2016 „GS Media“ (siehe News vom 9. September 2016).
Daher sei der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ weit zu verstehen. Die fünf Ausnahmen in Artikel 5 der EU-Urheberrechtsrichtlinie seien „kumulativ“ zu verstehen. Bereits die Nichterfüllung einer einzigen Voraussetzung – in diesem Fall „die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“ – hätten zur Folge, dass die Vervielfältigungshandlung nicht vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen ist.
Darüber hinaus dürfe „diese Ausnahme nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und in denen die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

Pressekontakt: info@urheber.info