Diskurs
Mittwoch, 09.12.2015
EU-Urheberrecht: Gesetzgebung 2016 "Schlag auf Schlag"
Update | Die EU-Kommission hat heute in Brüssel einen Verordnungsvorschlag zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten im Binnenmarkt sowie einen Aktionsplan zur Modernisierung des EU-Urheberrechts vorgelegt. „Wir wollen die ...
Update | Die EU-Kommission hat heute in Brüssel einen Verordnungsvorschlag zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten im Binnenmarkt sowie einen Aktionsplan zur Modernisierung des EU-Urheberrechts vorgelegt.
„Wir wollen die grenzüberschreitende Nutzung von Inhalten sicherstellen. Wer Inhalte – wie Filme, Bücher, Fußballspiele oder Fernsehserien – rechtmäßig erworben hat, muss sie auch überall in Europa auf Reisen mitnehmen und nutzen können. Dies bedeutet eine echte Chance, die dem gleichkommt, was wir mit der Abschaffung der Roamingentgelte erreicht haben“, erklärte Andrus Ansip, Vizepräsident für den digitalen Binnenmarkt, in einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission.
Die am 9. Dezember 2015 vorgeschlagene Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Weiternutzbarkeit („Portabilität“) von Online-Inhalten im Binnenmarkt soll den Bewohnern der EU die Möglichkeit eröffnen, ihre zuhause erworbenen oder abonnierten Online-Inhalte auf Reisen mitzunehmen. Dieses neue „EU-Verbraucherrecht“ soll voraussichtlich schon im Jahr 2017 Wirklichkeit werden, also im gleichen Jahr, in dem auch die Roamingentgelte innerhalb der EU abgeschafft werden. Da es sich um einen Verordnungsvorschlag handelt, wird dieses Recht nach der Verabschiedung direkt in allen 28 EU-Mitgliedstaaten gelten.
Außerdem stellte die EU-Kommission ihr Konzept für eine Reform des EU-Urheberrechts vor. Die Kommissionsmitteilung „Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht“ („Towards a modern, more European copyright framework“) unterscheidet sich nacherster Durchsicht kaum von der im November geleakten Version (siehe News vom 6. November 2015). „Unser Aktionsplan weist den Weg für weitere Reformen im Frühjahr nächsten Jahres: Wir wollen urheberrechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die stimulierend und gerecht sind, die Investitionen in die Kreativität belohnen und den Europäerinnen und Europäern den rechtmäßigen Zugang zu Inhalten und deren rechtmäßige Nutzung erleichtern. Unsere fortlaufenden Arbeiten an der Rolle der Plattformen und Online-Mittler wird ebenfalls dazu beitragen, unseren Plan in konkrete Legislativvorschläge umzusetzen“, erklärte EU-Kommissar Günther Oettinger in der Pressemitteilung.
„Nächstes Jahr geht es mit den Gesetzgebungsvorhaben Schlag auf Schlag“, sagte der EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft während der online übertragenen Pressekonferenz. Als erstes Vorhaben benannte Oettinger die Prüfung des Bedarfs einer Regulierung von Online-Plattformen. Wobei Vizepräsident Ansip später nochmals unterstrich, es bestehe „keineswegs die Absicht, eine Steuer auf Hyperlinks zu erheben“.
Zweitens – so Oettinger – müsse der Rahmen zwischen den Bedürfnissen der Kreativwirtschaft und den Bürgern abgesteckt werden. Hierbei gehe es einerseits um die Bekämpfung der Piraterie. Die Kommission will die EU-Bestimmungen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verbessern, und hat deshalb als ersten Schritt heute eine öffentliche Konsultation zur Bewertung und Modernisierung des bestehenden Rechtsrahmens eingeleitet. Außerdem: „Wir wollen die europäischen Regeln besser durchsetzen, so durch schnelleres Löschen illegaler Internetseiten“, sagte Oettinger. Andererseits gehe es darum zu prüfen, ob sich die kostenlose Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte durch die Bürger durch attraktive Lizenzmodelle begrenzen lasse. So sieht der Aktionsplan vor, dass innovative Werkzeuge entwickelt werden sollen, beispielsweise ein „europäischer Aggregator“ von Online-Suchportalen und „Lizenzvergabestellen“, um die Verbreitung von Filmen zu fördern, die nur in wenigen Mitgliedstaaten verfügbar sind.
Drittens werde die Kommission Gesetzesvorschläge machen, damit Wissenschaftler leichter Text- und Data-Mining einsetzen und große Datenmengen auswerten können. Außerdem sollte es, so die Pressemitteilung, im Bereich der Bildung beispielsweise für Lehrer, die online unterrichten, bessere und klarere Regeln geben, die auch europaweit gelten. Ferner möchte die Kommission erreichen, dass mehr Werke für Menschen mit Behinderungen zugänglich werden durch Umsetzung des WIPO-Vertrags von Marrakesch (siehe News vom 15. Mai 2015).
Das viel diskutierte Thema Geoblocking werde bei der Änderung der Satelliten- und Kabelrichtlinie aufgegriffen (siehe News vom 5. November 2015). Die Kommission will die grenzüberschreitende Online-Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen verbessern und die Erteilung von Lizenzen für den grenzüberschreitenden Zugang zu Inhalten vereinfachen. Dabei müssten aber die Verwertungsbedürfnisse der Kreativwirtschaft berücksichtigt werden. Das sieht mittlerweile auch Vizepräsident Ansip so (siehe News vom 30. September 2015): „Für Filmemacher ist es wichtig, dass das Territorialitätsprinzip geschützt wird“, sagte er auf der Pressekonferenz. Keine Aussage gab es auf dieser oder in der Kommissionsmitteilung zu der nach dem Reprobel-Urteil des EuGH erhobenen Forderung, auf EU-Ebene zügig ein Verleger-Leistungsschutzrecht einzuführen (siehe News vom 13. November 2015).
Die von der EU-Kommission am 9. Dezember 2015 angenommene Papiere sind mittlerweile in deutscher Übersetzung veröffentlich worden:
Pressekontakt: info@urheber.info
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