Diskurs
Donnerstag, 10.09.2015
Ini Urheberrecht zum Referentenentwurf Urhebervertragsrecht
Einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung“ hat das Bundesjustizministerium erstellt und wesentliche Ansätze der Reform des Urhebervertragsrechts mitgeteilt (siehe
Einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung“ hat das Bundesjustizministerium erstellt und wesentliche Ansätze der Reform des Urhebervertragsrechts mitgeteilt (siehe News vom 11. September 2015). Gerhard Pfennig, Sprecher der Initiative Urheberrecht, nimmt dazu Stellung:
Referentenentwurf Urhebervertragsrecht – Maas will Rechte der Urheber und ausübenden Künstler stärken
Die Initiative Urheberrecht setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 2001 für die Einführung eines Urhebervertragsrechts ein, das die Urheber und ausübenden Künstler in die Lage versetzt, entweder direkt oder durch Berufsorganisationen und Gewerkschaften auf Augenhöhe mit den Verwertern ihrer Werke und Leistungen zu verhandeln.
Das erste Reformgesetz zur Einführung urhebervertragsrechtlicher Regelungen des Jahres 2002 erfüllte die Erwartungen nur teilweise. Es löste eine umfangreiche Rechtsprechung aus, die Defizite zum Teil beseitigte, im Übrigen aber nur die Lücken im System aufdecken konnte. Dazu gehört z.B. die Praxis bestimmter Verwertergruppen, flächendeckende Buy-out Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen durchzusetzen und damit den Grundsatz des Urhebervertragsrechts, dass für jede Werknutzung im Prinzip eine angemessene Vergütung zu zahlen ist, zu unterlaufen.
Die Initiative Urheberrecht fordert deshalb seit Jahren eine Nachbesserung des Urhebervertragsrechts. Diese Forderung wird unterstützt durch namhafte Rechtswissenschaftler und Rechtpolitiker aller im Bundestag vertretenen Fraktionen.
Die Tatsache, dass – allerdings erst nach meist langjährigen Verhandlungen – in den letzten Jahren zumindest in einigen Bereichen der Kulturwirtschaft gemeinsame Vergütungsregeln auf der Grundlage des neuen Rechts vereinbart wurden, zeigt, dass der 2002 eingeschlagene Weg im Prinzip richtig ist. Gleichzeitig zeigt der anhaltende Widerstand anderer Verwertergruppen, insbesondere im Publikationsbereich gegen den Abschluss von Vergütungsregeln, dass weiterer Handlungsbedarf besteht.
Die Initiative Urheberrecht hat darauf immer wieder aufmerksam gemacht. Sie hat die aus dieser Situation und dem darauf basierenden Handlungsdruck resultierende Vereinbarung der Koalitionsparteien, das Urhebervertragsrecht in der laufenden Legislaturperiode deutlich zu verbessern, begrüßt.
Die Initiative Urheberrecht unterstützt den von Prof. Peiffer und seinen Kollegen erarbeiteten „Kölner Entwurf“, der die Richtung der Reform markiert, und hat ihn mit eigenen Vorschlägen ergänzt. Sie stellt mit Befriedigung fest, dass sich die Verwerterseite nicht erneut wie im Jahr 2002 mit öffentlich geäußerter Fundamentalopposition dem Ziel einer beiden Seiten nützlichen Reform entgegenstellt, sondern im „Münchner Entwurf“ einiger Kulturunternehmen konstruktive Vorschläge zur Entwicklung des Status quo unterbreitet, wenn sie diese Vorschläge auch nicht in vollem Umfang als zielführend ansieht. Sie war und bleibt verhandlungsbereit, weil sie die gemeinsamen Interessen von Kreativen und Kulturwirtschaft sieht.
Nur ein funktionierendes Urhebervertragsrecht kann die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit von Kreativen und Unternehmen schaffen. Es bildet damit die Grundlage für die gemeinsame Entwicklung von „Content“, der Basis der Informationsgesellschaft und des Rohstoffs für die Digitale Gesellschaft, deren Entfaltung im Mittelpunkt der Zukunftsstrategie der EU und der Bundesregierung steht.
Vor diesem Hintergrund begrüßt die Initiative Urheberrecht die Vorlage eines Referentenentwurfs des BMJV zur Reform des Urhebervertragsrecht, eines weiteren wichtigen Schritts auf der Reformagenda dieses Hauses nach der Vorlage eines Entwurfs zur Reform der Kollektiven Rechtewahrnehmung.
Auch wenn dieser Entwurf, der hoffentlich von den beteiligten Häusern nicht wesentlich verändert werden wird, noch nicht in vollem Umfang vorliegt (eine gründliche Analyse wird die Initiative in Kürze nach Kenntnisnahme vorlegen), lässt sich schon jetzt feststellen, dass der Entwurf wesentliche, von Seiten der Urheber und ausübenden Künstler sowie von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft aufgedeckten Lücken erkannt hat und den Versuch unternimmt, sie zu schließen. Einige wesentliche Ansätze des Entwurf sind:
- Der Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung für jede Nutzung soll gestärkt werden.
- Die Transparenz der Vertragsverhältnisse soll erweitert werden (Rechnungslegungspflicht).
- Die Anpassung von Individualverträgen, die dem Niveau von Vergütungsregeln nicht entsprechen, soll ermöglicht werden.
- Die Verpflichtung der Verwerterseite, sich Verhandlungen zu stellen, soll gestärkt und die Vereinbarung von Vergütungsregeln durch die Schlichtungsstelle soll verfahrensmäßig erleichtert werden.
- Die Gleichstellung der ausübenden Künstler mit den Urhebern soll wenigstens im Bereich der „neuen Nutzungsarten“ erreicht werden.
- Verwerter, die Vergütungsregeln unterlaufen, die auch in ihrem Namen abgeschlossen wurden, sollen nicht nur zur Einhaltung der Vereinbarungen verpflichtet werden können, sondern
- dies soll auch durch Verbandsklagen ermöglicht werden können, womit unmittelbarer und existenzgefährdender Druck auf den einzelnen Urheber, der seine Rechte durchsetzen will, entfällt.
Die Initiative Urheberrecht begrüßt den Entwurf, aber sie stellt auch Lücken fest, die im weiteren parlamentarischen Verfahren behoben werden müssen. Sie wird hierzu in Kürze Stellung nehmen.
Sie lädt die Verwerterseite zu einem konstruktiven Dialog ein und fordert die Fraktionen im Deutschen Bundestag zu einem zielführenden und vorurteilsfreien Diskurs auf, um dem Entwurf und damit dem Urhebervertragsrecht insgesamt zum Erfolg zu verhelfen, insbesondere aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen aller Fraktionen, das Urheberecht im Sinne der Kreativen zu stärken.
Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der Diskussion auf der Ebene der EU. Parlament und Kommission haben sich dieses Themas ebenfalls angenommen und unterstützen die Forderung der Kreativen nach Stärkung ihrer Verhandlungsposition. Die deutsche Diskussion und ihr Ziel, ein reformiertes und funktionsfähiges Urhebervertragsrecht, wird in Brüssel aufmerksam verfolgt. Die Entwicklung der Informationsgesellschaft wird ohne funktionierendes Urhebervertragsrecht nicht gelingen.
Prof. Dr. Gerhard Pfennig
Sprecher der Initiative Urheberrecht
Pressekontakt: info@urheber.info
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