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Diskurs

Dienstag, 28.08.2018

Ini Urheberrecht zur Beschlussfassung im EU-Parlament

Die Initiative Urheberrecht, die über ihre über 35 Organisationen rund 140.000 Urheber*innen und ausübende Künstler*innen vertritt, stimmt nicht in allen Punkten mit dem Entwurf des Rechtsausschusses überein. Sie ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass in der gegenwärtige...

Die Initiative Urheberrecht, die über ihre über 35 Organisationen rund 140.000 Urheberinnen und ausübende Künstlerinnen vertritt, stimmt nicht in allen Punkten mit dem Entwurf des Rechtsausschusses überein. Sie ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass in der gegenwärtigen Situation allein dieser Entwurf – mit den unten dargelegten Änderungsvorschlägen – die Grundlage für eine notwendige Änderung der gegenwärtigen, seit 2001 unveränderten Situation der Kreativen bildet.
Unternehmen, die mit urheberrechtlich geschützten Werken wirtschaften, müssen die Rechteinhaber über Lizenzvereinbarungen an ihren Einnahmen beteiligen. Die Initiative Urheberrecht fordert die Abgeordneten des Europäischen Parlaments deshalb auf, den Entwurf am 12. September zu verabschieden, damit anschließend der Trilog-Prozess begonnen werden kann.

Die Initiative Urheberrecht hat kein Verständnis für die ablehnende Position vieler Abgeordneter des EU-Parlaments, die am 12. Juli 2018 gegen die Vorlage des Rechtsausschusses zu einer Direktive zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt gestimmt haben, ohne trag- und mehrheitsfähige Alternativen vorzulegen.
Noch weniger Verständnis hat die Initiative für die Desinformationskampagne, die diese Abstimmung begleitet hat und mit Begriffen wie „Link-Tax“ zu Art. 11 und „Censorship-Law“ zu Art. 13 die Sach- und Rechtslage auf den Kopf gestellt hat.
Die Verwendung des Begriffs „Tax / Steuer“ ist ein probates Mittel, um Vergütungen zu diffamieren, die aufgrund von Schrankenregelungen gezahlt werden müssen, so z.B. für die gesetzlich geregelte private Vervielfältigung. Der Begriff ist schon deshalb nicht anwendbar, weil hier nicht Staaten zugreifen, sondern Rechteinhaber (Zeitungsverlage) für die Nutzung von Werken Vergütungen erhalten sollen, deren Nutzungsrechte ihnen übertragen worden sind.
Auch der Begriff „Zensur“ ist absolut unzutreffend, weil die schon jetzt vielfältig bestehende Möglichkeit von Urhebern, ausübenden Künstlern und sonstigen Rechteinhabern, Unterlassung der Nutzung nicht lizenzierter Werke zu verlangen, zum Kernbestand des auch von der EU garantierten Urheberrechts gehört.
Wer diese Begriffe bewusst missverständlich verwendet, verkehrt den Ansatz des Richtlinienentwurfs, Grundlagen für den gesetzlich gebotenen Umgang mit geschützten Werken und die Geltendmachung von Vergütungen für auf Plattformen erfolgende Nutzungen zu ermöglichen, in sein Gegenteil. Unterstützt werden dadurch die Interessen der Plattformbetreiber, auch zukünftig ungestört Milliardengewinne aus der unlizenzierten Nutzung von geschützten Werken zu erzielen, ohne die Berechtigten zu beteiligen.
Die Initiative Urheberrecht vermisst deshalb in dieser Kampagne, die den Entwurf zu diesen beiden Artikeln alternativlos ablehnt, die Berücksichtigung der tragenden Prinzipien des europäischen Urheberrechts, auf die der EuGH in seiner jüngst ergangenen Entscheidung zum Fall „Cordoba“ aus gutem Grund erneut hingewiesen hat:
„(8) Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substantielle Investitionen in Kreativität und Innovation einschließlich der Netzinfrastruktur fördern und somit zu Wachstum und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beitragen, und zwar sowohl bei den Inhalten und der Informationstechnologie als auch allgemeiner in weiten Teilen der Industrie und des Kultursektors. Auf diese Weise können Arbeitsplätze erhalten und neue Arbeitsplätze geschaffen werden…
(9) Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. Ihr Schutz trägt dazu bei, die Erhaltung und Entwicklung kreativer Tätigkeit im Interesse der Urheber, ausübenden Künstler, Hersteller, Verbraucher, von Kultur und Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit sicherzustellen. Das geistige Eigentum ist daher als Bestandteil des Eigentums anerkannt worden.
(10) Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. Um Produkte wie Tonträger, Filme oder Multimediaprodukte herstellen und Dienstleistungen, z. B. Dienste auf Abruf, anbieten zu können, sind beträchtliche Investitionen erforderlich. Nur wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden, kann eine angemessene Vergütung der Rechteinhaber gewährleistet und ein zufrieden stellender Ertrag dieser Investitionen sichergestellt werden.“
Die ablehnende Haltung der Mehrheit der Abgeordneten, die gegen den Vorschlag des Rechtsausschusses gestimmt haben, hat diese Grundsätze, die bei der Vorlage des Reformpakets im Jahr 2016 von Kommission, Rat und Parlament in verschiedenen Äußerungen bekräftigt wurden, nicht berücksichtigt. Sie haben den kreativen Menschen in Europa und der Kulturwirtschaft, deren Werke und Leistungen von den Betreibern der großen Plattformen genehmigungs- und vergütungsfrei zugänglich gemacht werden, Steine statt Brot gegeben und damit die Position der Plattformen gestärkt und gefestigt.
Die Initiative Urheberrecht hat nach gründlicher Beratung vor der Parlamentsentscheidung eine positive Stellungnahme zum Entwurf des Rechtausschusses abgegeben. Sie stimmt nicht in allen Punkten mit diesem Entwurf überein und hat dies auch deutlich gemacht.
Die Initiative ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass in der gegenwärtigen Situation allein dieser Entwurf mit den nachstehend dargelegten Änderungsvorschlägen die Grundlage für eine grundlegende Änderung der gegenwärtigen, seit 2001 unveränderten Situation bildet und fordern die Abgeordneten auf, ihn konstruktiv und im Sinne der vom EuGH zitierten Position zur Entwicklung des Urheberechts in der Gemeinschaft zu diskutieren und zu verabschieden, um anschließend den Trilog-Prozess zu beginnen mit dem Ziel, diese fortschrittliche Position auch dem Rat und der Kommission möglichst weitgehend zu vermitteln, um noch in dieser Legislaturperiode des Parlaments zu einer positiven Entscheidung zu gelangen.

Zu den strittigen Artikeln äußert sich die Initiative Urheberrecht unter Bezugnahme auf den Report des Rechtsausschusses vom 29.6.2018 wie folgt:

- Art 11: Wir schlagen zu Erwägungsgrund 35 eine redaktionelle Klarstellung vor, die den Beteiligungsanspruch der Journalisten verdeutlichen und unzweifelhaft formulieren soll:
Notwithstanding the fact that authors of the works incorporated in a press publication are entitled to receive a reasonable and fair payment for the use of their works on the basis of their copyright, authors whose work is incorporated in a press publication shall be entitled to an appropriate share of the new additional revenues press publishers receive for secondary use of their press publications by information society service providers in respect to the rights provided for in Article 11 paragraph 1.
- Art. 13: Der Entwurfstext entspricht nicht in vollem Umfang unserem Interesse: Es fehlt die Möglichkeit der erweiterten Einbeziehung von Verwertungsgesellschaften vor allem für diejenigen Repertoires, deren Urheber und ausübende Künstler Probleme bei der Werkidentifikation haben.
Dennoch plädieren wir dafür, im gegenwärtigen Stand der Diskussion den Entwurfstext anzunehmen und zur Grundlage der Trilog-Verhandlungen zu machen.
- Art. 14 – 16: Wir fordern die Abgeordneten auf, die Formulierungen des Rechtsausschusses zu übernehmen. Die neuen Regelungen werden die Stellung der Urheber und ausübenden Künstler in den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wesentlich stärken und entsprechen damit den Voraussetzungen der Richtlinie.
Wir halten unsere Forderung aufrecht, die Einführung eines generellen Vergütungsanspruchs zur Erleichterung der Lizenzierungsverfahren gegenüber Plattformen vorbehaltlos zu prüfen. Er wurde bisher in Ergänzungsanträgen zu Art 14 a diskutiert, aber abgelehnt. Gegebenenfalls könnte seine Einführung im Trilog-Verfahren thematisiert werden.
- Framing: Der Report hat sich mit der Frage des „Framing“ ebenso wenig beschäftigt, wie Rat und Kommission. Insbesondere unter Hinweis auf die jüngst ergangene „Cordoba“-Entscheidung des EuGH schlagen wir eine erneute Prüfung dieser Frage im Trilog-Verfahren vor.

Für weitere Erläuterungen stehen wir gerne zur Verfügung.

Berlin, 28. August 2018

Prof. Dr. Gerhard Pfennig
Sprecher der Initiative Urheberrecht

schreiben_ini_urhr_an_eu-parlament_2018-08-28.pdf (pdf, 238.66 KB)

Pressekontakt: info@urheber.info