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Diskurs

Mittwoch, 11.05.2016

Internet-Tauschbörsen: BGH-Urteile zur Haftung und Abmahnkosten

Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit Fragen der Haftung wegen der Teilnahme an „Internet-Tauschbörsen“ befasst. Dabei ging es in mehreren Entscheidungen insbesondere um die Berechnung der Abmahnkosten. Beim sogenannten „Filesharing“ über den Internetanschluss werden Musi...

Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit Fragen der Haftung wegen der Teilnahme an „Internet-Tauschbörsen“ befasst. Dabei ging es in mehreren Entscheidungen insbesondere um die Berechnung der Abmahnkosten.
Beim sogenannten „Filesharing“ über den Internetanschluss werden Musik- oder Filmwerke nicht nur illegal heruntergeladen, sondern heruntergeladene Dateien auch gleichzeitig anderen Usern öffentlich zugänglich gemacht. Darum ging es in den höchstrichtlichen Entscheidungen vom 12. Mai 2016. Das mag überraschen, denn in der vorherigen Legislaturperiode waren die Abmahnkosten mit dem „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken” bei privat handelnden Nutzern auf ein Gebühren-Höchstbetrag von 155,30 Euro begrenzt worden (siehe News vom 27. Juni 2013).
Dennoch müssen sie korrekt nach dem Gegenstandswert (Streitwert) berechnet werden. Dafür kann nicht generell die „doppelte Lizenzgebühr zugrunde gelegt werden, hat der BGH in drei Verfahren (Az.: I ZR 272/14, I ZR 1/15 und I ZR 44/15) entschieden, in denen die Abmahnkosten von Landgerichten teils höher, teils niedriger als 155,30 Euro festgesetzt wurde. . Die Höhe müsse sich nach dem wirtschaftlichen Wert des verletzten Urheberrechts, nach Aktualität, Popularität und Dauer der Rechtsverletzung sowie nach den subjektiven Umständen auf Seiten des Rechtsverletzers richten, befanden die Karlsruher Richter. „Eine solche schematische Bemessung des Gegenstandswerts wird dem Umstand nicht gerecht, dass die zukünftige Bereitstellung eines Werks in einer Internet-Tauschbörse nicht nur die Lizenzierung des Werks, sondern seine kommerzielle Auswertung insgesamt zu beeinträchtigen droht”, heißt es in der BGH-Pressemitteilung.
In einem anderen Verfahren (Az.: I ZR 86/15) ging es nochmals um die Störerhaftung für den heimischen WLAN-Router. Eine Frau aus Hamburg hatte ihre in Australien lebenden Nichte und deren Lebensgefährten, die zu Besuch waren, den Zugang ermöglicht. Sie sollte nun für die unerlaubte öffentlichen Zugänglichmachung eines Films als Störerin haften, weil sie die Nichte nicht über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen belehrt hatte. Der BGH wies die Klage ab, da „eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar“ sei. „Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht“, bekräftigten die Karlsruher Richter ein früheres Grundsatzurteil.
Die Störerhaftung für öffentlich verfügbaren WLAN-Hotspots soll in Deutschland künftig generell abgeschafft werden. Darauf haben sich CDU und SPD in dem lange umstrittenen Gesetzentwurf geeinigt, meldete zuerst Spiegel Online, was inzwischen bestätigt wurde. Auch private und nebengewerbliche Anbieter wie ein Café-Betreiber sollen das Providerprivileg der gewerblichen Anbieter genießen. Ein konkreter Entwurf für die Neuregelung des Telemediengesetzes wurde aber noch nicht veröffentlicht. Anlass zur Einigung waren die Schlussanträge des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (siehe News vom 16. März 2016).

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