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Diskurs

Freitag, 22.04.2016

Nach BGH-Urteil: Verlagsbeteiligung gesetzlich regeln

Nach der BGH-Entscheidung, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten, haben insbesondere Verlegerverbände ihre Forderung erneuert, die Verlagsbeteiligung in Deutschland umgehend gesetzlich zu regeln. Aber es gibt au...

Nach der BGH-Entscheidung, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten, haben insbesondere Verlegerverbände ihre Forderung erneuert, die Verlagsbeteiligung in Deutschland umgehend gesetzlich zu regeln. Aber es gibt auch andere Reaktionen.
Am 21. April 2016 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, „dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen.“ (siehe News vom 21. April 2016). Da die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen, hatte sich die VG Wort einer Urteilsbewertung zwar enthalten, aber in ihrer Pressemitteilung unterstrichen, es „zeigt sich bereits jetzt, dass eine angemessene Beteiligung von Urhebern und Verlagen an den Ausschüttungen der VG Wort nur möglich sein wird, wenn der Gesetzgeber schnellstmöglich tätig wird.”
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels fordert gesetzliche Regelungen für die Verlagsbeteiligung. Den Verlagen drohten jetzt Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe an die Verwertungsgesellschaften. „Wir brauchen umgehend eine gesetzliche Korrektur der Entscheidungen von BGH und Europäischem Gerichtshof, sonst droht die Insolvenz etlicher kleiner und mittlerer Verlage“, sagte Börsenverein-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. „Sowohl im europäischen Recht als auch im deutschen Urheberrecht muss unverzüglich klargestellt werden, dass auch Verlage Rechteinhaber sind, denen ein Ausgleich für gesetzlich zulässige Nutzungen ihrer Werke zusteht.“
Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) fordert „nachdrücklich eine gesetzliche Klarstellung, dass Verlage Rechteinhaber sind.“ Das BGH-Urteil werde Konsequenzen für Angebote journalistischer Aus- und Weiterbildung haben. „Seit Jahrzehnten werden die Ausschüttungen aus den so genannten Reprographie-Abgaben von den Zeitungsverlegerverbänden zweckgebunden ausschließlich für die journalistische Aus- und Fortbildung eingesetzt. Diese Finanzierungsquelle ist durch das BGH-Urteil zerstört worden“, erläuterte eine Sprecherin. Nun werde die Akademie Berufliche Bildung der deutschen Zeitungsverlage (ABZV) voraussichtlich noch vor der Sommerpause die Liquidation anmelden müssen. Die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Verlage, das der Verband als Mitglied der europäischen Dachverbände für die EU fordert (siehe News vom 31. März 2016), enthält die BDZV-Mitteilung nicht.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will sich „für eine zeitnahe gesetzliche Korrektur einsetzen. Verleger müssen weiterhin an den Einnahmen aus der Privatkopievergütung beteiligt werden können“, erklärten die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker und der zuständige Berichterstatter Stefan Heck. „Es ist unser Ziel, das Erfolgsmodell der gemeinsamen Rechtewahrnehmung von Autoren und Verlegern auch in Zukunft zu erhalten. Ein Ausschluss der Verlage von den Ausschüttungen der gesetzlichen Vergütungsansprüche würde nicht nur viele von ihnen in eine bedrohliche Situation bringen, sondern letztlich auch den Autoren erheblich schaden.“
Auch der Deutsche Kulturrat fordert die Politik zu schnellem Handeln auf. „Jetzt ist der Gesetzgeber gefragt. Er muss rechtssicher klarstellen, dass auch Verlage an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen partizipieren können und damit an den Ausschüttungen beteiligt werden. Jetzt kann nicht weiterhin abgewartet werden, der Justizminister muss jetzt endlich handeln“, sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann.
Das Bundesjustizministerium wollte das BGH-Urteil ohne schriftliches Urteil nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies gegenüber dpa aber darauf, dass Ressortchef Heiko Maas (SPD) und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sich im Februar in einem Brief an EU-Kommissar Günther Oettinger dafür ausgesprochen hätten, den Verlegern weiterhin eine Beteiligung an den Vergütungsansprüchen der Verwertungsgesellschaften zu ermöglichen (siehe News vom 22. Februar 2016). „Sobald die Urteilsbegründung des BGH schriftlich vorliegt, werden wir prüfen, welche Handlungsspielräume auf nationaler und europäischer Ebene überhaupt bestehen. Es gilt dann, sorgsam zu ermitteln, welche Schritte den Betroffenen im Umgang mit dem Urteil offen stehen und wie eine Regelung in Deutschland oder auf europäischer Ebene aussehen könnte, die auch in Zukunft eine gemeinsame Ausschüttung aus Urheberrechtserlösen sowohl für Autoren wie Verlage ermöglicht“, schrieb Kulturstaatsministerin Monika Grütters aktuell in einem Kommentar.
Eine ganz andere Konsequenz zieht der ITK-Unternehmerverband BITKOM aus dem BGH-Urteil. Er fordert die „Urheberrechtsabgaben auf den Prüfstand“ zu stellen. „Das System urheberrechtlicher Abgaben für Geräte und Speichermedien habe sich 50 Jahre nach seiner Einführung überholt.“ Nach der BGH-Entscheidung sei „die Ausschüttung der Hälfte der Geräteabgaben an die Verlage durch die Verwertungsgesellschaften unzulässig“. „Eine neue Verteilung der Urheberrechtsabgaben muss für Verbraucher und Unternehmen kostenneutral erfolgen“, sagte BITKOM-Urheberrechtsexperte Markus Scheufele. „Eine Debatte um neue Leistungsschutzrechte für Verlage sei dabei überflüssig und nicht ratsam. Sollten Verlage wie bisher an den Abgaben beteiligt werden, müsste das auf EU-Ebene in der entsprechenden Richtlinie klargestellt werden.“

Pressekontakt: info@urheber.info