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Diskurs

Samstag, 13.05.2017

Bundesrat für höhere Digitalisierungsquote in der Wissenschaft

Der Bundesrat setzt sich in seiner Stellungnahme zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) dafür ein, dass künftig bis zu 25 Prozent eines Werkes digitalisiert für Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt werden. Die Initiative, diese bereits im Referentenen...

Der Bundesrat setzt sich in seiner Stellungnahme zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) dafür ein, dass künftig bis zu 25 Prozent eines Werkes digitalisiert für Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt werden.
Die Initiative, diese bereits im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom Januar 2017 (siehe News vom 13. Januar 2017) vorgeschlagene Quote beizubehalten, war von den Ländern Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg ausgegangen. In dem im April 2017 beschlossenen Kabinettsentwurf des „Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft” war sie nach massiver Kritik aus dem Verlagsbereich auf 15 Prozent herabgesetzt worden (siehe News vom 12. April 2017).
„Von diesen Regelungen würden insbesondere Studierende profitieren, die auch zukünftig beispielsweise digitale Semesterapparate nutzen können. Mit der Entscheidung des Bundesrates haben die Länder ein deutliches Signal gesetzt, das Urheberrecht wissenschaftsfreundlicher zu gestalten”, erklärte die niedersächsische Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic. Sie hoffe, dass der Bundestag dem Vorstoß der Länder folgen werde. Denn damit wäre auch endlich der jahrelangen Rechtsstreit mit der VG Wort vom Tisch, „der ab Herbst die digitalen Semesterapparate und Lernmanagementsysteme lahmzulegen droht.”
In seiner auf der Plenarsitzung am 12. Mai 2017 beschlossenen Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (Beschlussdrucksache) zeigte die Länderkammer auch in einem weiteren Punkt den Wissenschaftsverlagen die kalte Schulter: Der vom Wirtschaftsausschuss beantragte „Vorrang von Vertrags- oder Lizenzmodellen” vor den gesetzlich festgelegten Ausnahmeregelungen (Ausschussempfehlungen) wurde vom federführenden Rechtsausschuss nicht berücksichtigt.
Zugunsten aller Verlage setzt sich der Bundesrat aber dafür ein, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwiefern das „Missbrauchspotenzial” bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke an Bibliotheksterminals „wirksam begrenzt werden kann”. Die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Regelung (§ 60e Absatz 4 Satz 2 UrhG-E) würde es den Nutzern von Terminals erlauben, theoretisch durch in mehreren Kopiervorgängen auch „ein komplettes Werk jeglicher Art digital zu vervielfältigen” mit der Folge, dass auch auf diese Weise vollständige Kopien von Büchern und Zeitschriften hergestellt werden und anschließend öffentlich zugänglich gemacht werden könnten. „Es erscheint zum Schutz der Rechteinhaber geboten, diesem Missbrauchspotenzial durch geeignete Maßnahmen, gegebenenfalls auch verpflichtender technischer Art, wirksam entgegenzutreten”, argumentiert die Länderkammer. Die Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hatten diesen Punkt – neben den neuen Rechten der Nationalbibliothek – in einer ganzseitiger Eigenanzeige am Tag der Bundesratssitzung massiv kritisiert.
Anhängen an die Reform des Wissenschaftsurheberrechts möchte der Bundesrat auf Initiative Sachsens außerdem eine Ausnahmeregelung für die Vergütungspflicht bei der Kabelweitersendung für örtliche „Antennengemeinschaften”, meist Nachfolger von zu DDR-Zeiten gegründeter örtlicher Zusammenschlüsse, die nicht gewinnorientiert arbeiten. Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU), neben dem parlamentarischen Staatssekretär Christian Lange (SPD) auch Redner auf der Plenarsitzung, sieht hier – so gegenüber der Freien Presse – eine „Gerechtigkeitslücke”, denn vom Gesetz werden Antennengemeinschaften anders behandelt als Wohnungseigentümergemeinschaften.

Pressekontakt: info@urheber.info