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Diskurs

Freitag, 08.04.2016

Elf EU-Staaten gegen Regulierung von Online-Plattformen

Update | Elf EU-Mitgliedsstaaten haben gegen jegliche weitere gesetzlichen Regelungen der Europäischen Union zur Regulierung von Online-Plattformen Stellung bezogen. Solche Regelungen zu prüfen, war von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger im Rahmen der EU-Ur...

Update | Elf EU-Mitgliedsstaaten haben gegen jegliche weitere gesetzlichen Regelungen der Europäischen Union zur Regulierung von Online-Plattformen Stellung bezogen. Solche Regelungen zu prüfen, war von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform angekündigt worden.
Zwar taucht in dem gemeinsamen Schreiben an den Kommissions-Vizepräsidenten Andrus Ansip der für die digitale Wirtschaft zuständigen Minister aus dem Vereinigten Königreich, der Tschechischen Republik, Polen, Luxemburg, Finnland, Schweden, Dänemark, Estland, Lettland, Litauen und Bulgarien, das vom Online-Nachrichtenportal Politico veröffentlicht wurde, an keiner Stelle der Begriff „copyright“ auf, doch ist allen Beteiligten klar, um was es geht, zumal der Brief von der britischen Parlamentarischen Unterstaatssekretärin und Ministerin für Geistiges Eigentum, Baroness Lucy Neville-Rolfe, verschickt wurde.
Politico hat seinen Bericht unter die Überschrift „Groups concerned EC’s copyright rules could ‚destroy the Internet’“ gestellt. Die Schlagzeile bezieht sich allerdings auf einen offenen Brief von 30 Bürgerrechtsorganisationen, Verbänden der Internetbranche, der Verbraucherschützer und Bibliotheken an die EU-Kommission, in diese dem dafür eintreten, dass bei der Reform des EU-Urheberrechtsrahmens „die Grundprinzipien wie die Haftungsbegrenzung für Vermittler, die Rechte der Bürger auf freie Kommunikation und den Zugang zu Wissen“, bestätigt und gestärkt werden müssten. Würden die Vorschriften über die Verantwortung und die Haftung von Online-Vermittlern verschärft oder die Definition der Rechte der „Kommunikation mit der Öffentlichkeit“ und der „öffentlichen Zugänglichmachung“ so verändert, wie es „bestimmte Rechteinhaber vertreten, würde das das Internet zerstören, wie wir es kennen“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem von der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC, den Bibliothekverbänden EBLIDA und IFLA, aber auch von Mozilla, dem deutschen Unternehmerverband BITKOM und der Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL) unterschrieben wurde.
EU-Kommissar Oettinger hatte die Fortsetzung der „Arbeiten an der Rolle der Plattformen und Online-Mittler“ als Aufgabe in der Kommissionsmitteilung „Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht“ genannt (siehe News vom 9. Dezember 2015). Konkrete Vorschläge sind aus einer öffentlichen Konsultation zur wirtschaftlichen Rolle von Online-Plattformen (siehe News vom 28. September 2015) sind allerdings bisher nicht erfolgt, werden aber zugunsten der Kreativen und Urheber immer wieder gefordert (siehe zuletzt News vom 7. April 2016).
In ihrem Schreiben vom 4. April 2016 betonen die elf EU-Mitgliedsstaaten die Kreativität und Innovation der Online-Plattformen und Internetdienste wie Google, YouTube oder Facebook und die Chancen und Vorteile die sie für Anbieter und Kunden böten. Sie seien bereits einer „erheblichen Regulierung“ unterworfen und müssten im Rahmen gesetzlicher Regelungen im Datenschutz-, Wettbewerbs- und Verbraucherrecht arbeiten. Kurzum: Der „bestehende Rechtsrahmen“ reiche aus, um Online-Plattformen zu regulieren. Durch zusätzliche Regulierungen würde der digitale Binnenmarkt der EU Schaden nehmen.
Das Lobbying im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform verstärkt sich auch in anderen Bereichen. So hat erwartungsgemäß die Piraten-Europaabgeordnete Julia Reda eine Initiative zugunsten der Panoramafreiheit und gegen ein Leistungsschutzrecht für Verlage unter dem Motte „Soll das Urheberrecht den öffentlichen Raum und deinen Nachrichtenkonsum im Netz einschränken dürfen?“ gestartet. Mit den Überschriften „Panoramafreiheit: Sollen selbst gemachte Fotos des öffentlichen Raums frei verwendbar sein?“ Und „Zusätzliche Urheberrechte für Verlage: Sollten Verlage zusätzliche Rechte erhalten, mit denen sie mehr Kontrolle über unseren Online-Nachrichtenkonsum haben?“ ruft sie zur Beteilung der Netzgemeinde an der EU-Konsultation über die Rolle der Verlage in der urheberrechtlichen Wertschöpfungskette, einschließlich der möglichen Einführung von verwandten Schutzrechten für Verleger, sowie zur „Panorama-Ausnahme“ auf (siehe News vom 23. März 2016). Aufgegriffen wurde Redas Initiative in Deutschland aber bisher nur auf netzpolitik.org, befördet durch ein schwedisches Urteil zur Panoramafreiheit gegen Wikimedia, über das in verschiedenen deutschen Medien, so bei Golem, berichtet wurde.

Pressekontakt: info@urheber.info