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Diskurs

Donnerstag, 10.12.2015

EU-Urheberrecht: Stellungnahmen zu den Kommissionsplänen

Haufenweise Medienberichte und etliche Stellungnahmen folgten der Vorlage einer einen Portabilitätsverordnung und eines Aktionsplans zur Modernisierung des EU-Urheberrechts durch die EU-Kommission in Brüssel. Die EU-Kommission hatte gestern einen Verordnungsvorschlag zur Gewä...

Haufenweise Medienberichte und etliche Stellungnahmen folgten der Vorlage einer einen Portabilitätsverordnung und eines Aktionsplans zur Modernisierung des EU-Urheberrechts durch die EU-Kommission in Brüssel.
Die EU-Kommission hatte gestern einen Verordnungsvorschlag zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten im Binnenmarkt sowie einen Aktionsplan zur Modernisierung des EU-Urheberrechts vorgelegt (siehe News vom 9. Dezember 2015).
In der Berichterstattung deutscher Medien von Zeit bis Süddeutsche standen dabei seltsamerweise die Bedenken der einzigen Piratenabgeordneten des Europaparlaments Julia Reda im Mittelpunkt – sei es aus Unkenntnis der Materie, Sympathie oder weil Reda wieder einmal am schnellsten reagierte. Das Handelsblatt lud Reda gar zu einem langen Interview. Nur Heise online reagierte gewohnt sachkundig und sachlich mit fundierten Artikeln zur Portabilität und zu den Plänen der EU-Kommission.
„Die geplante EU-Portabilitätsverordnung löst ein weiterverbreitetes Problem – den oft unmöglich gemachten grenzübergreifenden Zugang zu Medieninhalten – nur für und unter ganz bestimmten Umständen“, kommentierte die Europaabgeordnete Julia Reda den von EU-Digitalkommissar Oettinger vorgestellten Entwurf für eine Verordnung, die Abos digitaler Inhalte transportabel machen soll. „Aber eines muss klar sein: Dass ‚dieser Inhalt in deinem Land nicht verfügbar‘ ist, trifft vor allem jene, die Angebote nutzen wollen, die in ihrem Herkunftsland noch nicht einmal gegen Bezahlung angeboten werden.“ Dieser Anachronismus sei für niemanden nachvollziehbar. „Wir brauchen mehr als nur Roaming für Netflix“, so Reda. Gleichzeitig übte sie Kritik daran, das Text- und Data-Mining auf „Forschungseinrichtungen im öffentlichen Interesse“ beschränkt werden soll. Außerdem schrieb sie in ihrem Blog, dass das Kommissionspapier die „Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseverleger auf EU-Ebene“ enthalte. Reda verfasste im gleichen Tenor auch die Stellungnahme ihrer Die Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament.
Die großen Fraktionen im Europaparlament reagierten hingegen positiv. Die Sozialdemokratische Fraktion (S&D) begrüßte die Ankündigung der EU-Kommission bezüglich der Reform des Urheberrechts und der grenzüberschreitenden Portabilität als ersten positiven Schritt. „Die Fraktion unterstützt die Forderung der Kommission nach leichterem Zugang zu Inhalten in der gesamten Europäischen Union und möchte sicherstellen, dass die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher im digitalen Portabilität Markt geschützt werden.“
Ähnlich äußerte sich die EVP-Fraktion zur Portabilität. „Der digitale Binnenmarkt sollte aber auch das Ende des ungerechtfertigten Geoblockings sein“, sagte Andreas Schwab, Fraktionssprecher im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments. Wir müssen es möglich machen, dass digitale Inhalte grenzüberschreitend eingesetzt werden“. Pavel Svoboda, Vorsitzender des EP-Rechtsausschusses begrüßte die konkreten Schritte, die in der Kommissionsmitteilung zum EU-Urheberrecht enthalten sind.
„Wir begrüßen, dass die Kommission den digitalen Binnenmarkt mit den heutigen Vorschlägen und Ankündigungen weiterentwickelt“, erklärte die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Es sei „konsequent, wenn die Kommission die grenzüberschreitende Portabilität von digitalen Inhalten fördern will. Zugleich müssen alle Vorschläge im Bereich des Urheberrechts von den Interessen der Kreativen her gedacht werden. Das Urheberrecht muss künstlerische und geistige Leistungen in ihrer Wertschöpfungskette umfassend schützen. Dies muss unverändert auch in der digitalen Welt gelten. Es ist daher besonders zu loben, wenn die Kommission die angemessene Beteiligung der Urheber an der Wertschöpfung im Internet in den Blick nimmt. Auch über den besseren Schutz von Presseerzeugnissen muss europäisch nachgedacht werden.“
Auch der Europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte die Vorschläge zur Portabilität. Allerdings würden diese nicht das Problem vieler Europäer lösen, Filme oder Video-Abonnements, die in einem anderen Mitgliedstaat erworben sind, bei Reisen zu nutzen. „Die Europäische Kommission sollte Geoblocking in der EU in den Mülleimer der Geschichte werfen, damit der Verbraucher von einem echten digitalen Binnenmarkt profitieren“, erklärte BEUC-Generaldirektorin Monique Goyens. „Wenn die Verbraucher Inhalte in anderen Mitgliedstaaten erwerben könnten, hätten sie weniger Grund sich der Piraterie zuzuwenden."
Die Authors’ Group, dem wichtigsten Urhebernetzwerk der EU, die mehr als 500 000 Urheber, darunter Schriftsteller, Literaturübersetzer, Komponisten, Songschreiber, Journalisten, Regisseure und Drehbuchautoren in Europa vertritt, unterstützt die Vorschläge zur Portabilität, betont aber, dass die Prinzipien der Territorialität des Urheberrechts nicht in Frage gestellt werden dürfte. „Die Zukunft der Urheber, insbesondere im audiovisuellen Bereich, hängt völlig von neuen Produktionen ab, die sich weitgehend auf Gebietslizenzen stützen.“ Außerdem fordert die Gruppe, in der die Dachverbände European Composer and Songwriter Alliance (ECSA), European Federation of Journalists (EFJ), European Writers’ Council (EWC), Federation of European Film Directors (FERA) und Federation of Screenwriters Europe zusammenarbeiten, „dass jede Diskussion über weitere Ausnahmen von den ausschließlichen Rechte der Urheber zunächst eine Folgenabschätzung für den potenziellen Verlust von Einnahmen für die Urheber und andere Rechteinhaber enthalten müssen.“
Zudem müsse die Kommission, auf EU-Ebene Maßnahmen ergreifen, die „eine angemessene Vergütung für die Urheber ermöglichen, die durch ihre schwache Verhandlungsposition bei der Vergabe ihrer Rechte an Verlage und Produzenten betroffen sind“. Die Authors’ Group fordert die EU-Kommission zu handeln, „um auf EU-Ebene einen besseren Schutz der Urheber gegen unfaire Verträge zu gewährleisten.“ Den Punkt Urhebervertragsrecht, der in der Kommissionsmitteilung immerhin als zu prüfende Aufgabe erwähnt wird, hat die Europäische Journalisten-Föderation (EFJ) in den Mittelpunkt ihrer Stellungnahme gerückt.

Pressekontakt: info@urheber.info