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Diskurs

Freitag, 16.02.2018

Rat der EU beschloss Beitritt zum WIPO-Marrakesch-Vertrag

Der Rat der EU hat den Beschluss erlassen, mit dem er dem Abschluss des Vertrags der WIPO von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen zu veröffentlichten Werken zustimmt. Deutschland will den WIPO-Vertrag zügi...

Der Rat der EU hat den Beschluss erlassen, mit dem er dem Abschluss des Vertrags der WIPO von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen zu veröffentlichten Werken zustimmt. Deutschland will den WIPO-Vertrag zügig umsetzen.
„Mit dem Beschluss wird die EU in die Lage versetzt, den Vertrag von Marrakesch ab dem kommenden Sommer zu ratifizieren“, erklärte der bulgarische Kulturminister in einer Pressemitteilung. Nachdem bereits das Europäische Parlament im Januar 2018 zugestimmt hatte (siehe News vom 11. Januar 2018), kann die EU nun ab dem 12. Juli 2018 – so steht es in dem Beschluss vom 15. Februar 2018 – die Ratifizierungsinstrumente hinterlegen. Erst vor wenigen Tagen war Russland als 34. Staat dem Vertrag von Marrakesch beigetreten.
Der im Juni 2013 von einer WIPO-Konferenz in Marokko beschlossene Vertrag (siehe News vom 27. Juni 2013) ist bereits am 30. September 2016 in Kraft getreten. Durch den Vertrag sollen Blinde, Sehbehinderte und Personen mit anderweitigen Leseproblemen einen leichteren Zugang zu geschützten Werken wie Büchern erhalten – etwa in Braille-Schrift, als Hörbücher oder im Großdruck. Außerdem ermöglicht er den grenzüberschreitende Austausch von Kopien veröffentlichter Werke in einem zugänglichen Format beispielsweise durch Blindenorganisationen.
Die Europäische Union hatte den Marrakesch-Vertrag im April 2014 zwar unterzeichnet (siehe News vom 30. April 2014). Dennoch war ein Beitritt bisher noch nicht erfolgt, weil sich die Kommission und der Rat hinsichtlich der Zuständigkeit der EU für den Abschluss internationaler Abkommen zunächst nicht einig waren. Klarheit brachte erst ein Gutachten der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs im Februar 2017, in dem das EuGH festgestellte, dass der Beitritt der EU zum Marrakesch-Vertrag der WIPO nicht der Zustimmung der Mitgliedsstaaten bedarf (siehe News vom 14. Februar 2017) .
Zusammen mit anderen Dokumenten zum EU-Urheberrecht hatte die EU-Kommission im September 2016 einen Entwurf für eine Verordnung und eine Richtlinie zur Umsetzung des Marrakesch-Vertrags vorgelegt (siehe News vom 14. September 2016). Die EU-Verordnung 2017/1563 vom 13. September 2017 ist ab 18. Oktober 2018 anwendbar. Die EU-Richtlinie 2017/1564 muss von den Mitgliedsstaaten bis zum 11. Oktober 2018 in nationales Recht umgesetzt werden.
Deutschland hatte den Marrakesch-Vertrag im Juni 2014 unterzeichnet (siehe News vom 14. Mai 2014). Er soll nun „zügig“ umgesetzt werden heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD (siehe News vom 7. Februar 2018). Bereits heute existiert im deutschen Urheberrechtsgesetz eine Regelung zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen (§ 45a UrhG). Das deutsche Gesetz muss deshalb nur sinnvoll weiterentwickelt werden. „Zum Beispiel werden wir eine Online-Nutzung neu in das Gesetz aufnehmen“, hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Juli 2017 mitgeteilt (siehe News vom 17 Juli 2017). „Blindenbibliotheken werden die Erlaubnis erhalten, barrierefreie Literatur online für die Begünstigten zur Verfügung zu stellen.“ Ungeklärt ist noch, ob wie bisher „angemessene Ausgleichszahlungen“ für Autoren und Verlage vorgesehen werden.

Pressekontakt: info@urheber.info